Du brauchst kein schlechtes Gewissen zu haben, dass du kein schlechtes Gewissen hast

Ich wurde vor ein paar Jahren mit 19 von meinem damaligen Freund schwanger. Wir haben verhütet, allerdings ist diese offensichtlich gescheitert. Mir war konstant übel und außerdem blieb meine Periode aus und so machte ich einen Schwangerschaftstest. Positiv. Also machte ich einen Termin bei einer Frauenärztin, welche mir bestätigte, dass ich schwanger war. Ich war in einem anderen Land für ein gap year. In diesem Land sind Schwangerschaftsabbrüche illegal und so war mir sofort klar, ich muss schnellstmöglich wieder nach Deutschland – wo Abtreibungen leider auch noch illegal sind, aber zumindest unter bestimmten Umständen straffrei sind.

Ich erzählte meinem damaligen Freund davon und er unterstützte mich zunächst. Jedoch änderte sich seine Meinung am nächsten Tag schlagartig und er beleidigte mich sehr heftig. Ich war geschockt und sehr verletzt. Als ob ich nicht schon genug unter Stress und Schock stand.

(Als ich dann in Deutschland war machte ich sofort Beratungstermine bei Profamilia, die Frau hat mit mir sehr lange geredet und merkte auch, dass ich sehr hin und hergerissen war. Obwohl meine Entscheidung schon vor dem Flug feststand, hatte ich Angst was wohl andere sagen würden oder ob ich die Abtreibung bereuen würde und es ja schließlich nicht rückgängig machen könnte.Das Stigma und die Vorurteile gegenüber Abtreibungen hatte ich sehr internalisiert. Ich kannte und kenne bis heute keine/n der oder die abgetrieben hat. Und so fühlte man sich doch sehr allein, auch wenn ich von meiner Familie und meiner besten Freundin sehr unterstützt wurde.)

Nach dem Beratungstermin machte ich sofort einen Termin beim Frauenarzt. Das gestaltete sich etwas schwierig, da zwei der Ärzte in meiner Nähe, die überhaupt Abtreibungen durchführen im Urlaub waren. Dass ich so oft bei verschiedenen Ärzt*innen anrufen musste hat mich Überwindung gekostet, immer wieder meine Situation zu erklären. Doch beim dritten Arzt hatte ich dann Glück. Wir machten einen Termin noch in derselben Woche aus für eine Absaugung.

Nach der Abtreibung hatte ich kein schlechtes Gewissen und war auch nicht traurig… (Der Arzt hatte mich schließlich nur in den Zustand zurückversetzt, in welchem ich mich befunden hätte, wäre die Verhütung geglückt.) Meine Mutter, die mich zum Termin begleitet hatte, fragte mich nach dem Eingriff wie es mir geht. Ich sagte mit Schulter zucken und entschuldigenden Blick: ‚Eigentlich gut.‘ Daraufhin erwiderte meine Mutter einen Satz für den ich ihr sehr dankbar war: ‚Du brauchst jetzt kein schlechtes Gewissen zu haben, dass du kein schlechtes Gewissen hast.‘ (Trotzdem wurde das Jahr darauf ein sehr emotionales, auch wenn ich wusste, ich hatte die für mich richtige Entscheidung getroffen.)

Ich habe mich nun mehreren Freund*innen geöffnet und bin sehr froh, dass ich mit ihnen darüber reden kann und ich für nichts verurteilt werde. Fakt ist, ich bereue nichts. Ich wollte damals einfach kein Kind. Ich bin froh, dass ich damals mit meinen 19 Jahren so mutig und tapfer war.

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