Ich war 16 und nahm die Pille.

Ich habe vor 11 Jahren abgetrieben – da war ich 16. Damals war ich mit meinem ersten Freund zusammen, verhütet hatten wir mit der Pille. Nach einer Zeit merkte ich, dass ich sehr sensibel auf Gerüche reagierte und mir dauernd schlecht war. Nachdem meine Zwischenblutung ausblieb, wusste ich, dass ich einen Termin beim Frauenarzt machen sollte. Als ich dort untersucht wurde, zeigte er mir auf dem Monitor den kleinen Zellhaufen, der (wie er mir dann mitteilte) schon ein Herz entwickelte. Perplex lag ich da und fragte ihn, wie das denn sein könnte, ich nahm ja schließlich die Pille.

Er sagte dann einfach „kann auch sein, dass sie für dich nicht gepasst hat oder sie höher dosiert gehört“. Danach fragte er mich, ob ich denn nicht ein Bild von meinem Zellhaufen haben will, was ich sofort ablehnte. In dem Warteraum war meine beste Freundin, die genauso entsetzt war wie ich.
Als meine Mutter davon erfuhr, machte sie mir jegliche Termine aus, um eine Abtreibung einzuleiten. Mein Vater reagierte mit folgenden Worten darauf: „Das werden wir niemanden erzählen, das ist ja peinlich vor der Familie.“ Mein damaliger Freund wollte es auch niemanden erzählten, lediglich seine Mutter hat es irgendwann herausgefunden. Ich fühlte mich so dreckig und leer. Am Tag meiner Abtreibung war die Leere meine Begleiterin, aber ich erinnere mich, dass das Personal der Klinik sehr freundlich und einfühlsam war. Nach der Ausschabung wachte ich mit Blutungen auf und schlief den restlichen Tag über.
Ich schämte mich, versuchte aber trotzdem offen über die Schwangerschaft und den Abbruch zu reden. Auch wenn ich die Entscheidung in keiner Sekunde bereute, fühlte ich mich irgendwie auch schuldig. Ich zählte lange die Jahre und überlegte, was das Kind jetzt wohl machen würde, wie alt es wäre, welchen Interessen es nachgehen würde. Mittlerweile habe ich schon damit aufgehört und habe für mich die Erfahrung abgeschlossen.
Wenn ich daran denke, wie überfordert ich damals mit der Situation war, dann finde ich es eine Zumutung, was für eine Tortur Schwangere durchleben müssen, wenn sie in solch einer Lage sind. Dass Frauen* das Gefühl vermittelt wird, sie wären Schuld an dem Zellhaufen hat mich bis lange nach der Abtreibung verfolgt. Dass ich mich dafür schämen sollte, dass es passiert ist, ebenso. Ich hatte das Glück trotz der negativen Menschen in meiner Umgebung meine Mutter an der Seite zu haben, die mich in jeder Situation unterstützte. So musste ich mich nicht durch Seiten klicken, bei denen mir ein totes Kind gezeigt wird und mir eine „Menschenrechtsverletzung“ vorgehalten wird. Manche haben nicht das Glück eine Unterstützung an der Seite zu haben, weswegen der Zugang zu Informationen zum Abbruch und der Abbruch einer Schwangerschaft einfacher für Frauen* gemacht werden sollte. – und dafür gehe ich heute auf die Straße und setze mich aktiv für reproduktive Rechte ein.

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